GEDANKEN ÜBER DIE MENSCHENWÜRDE
„Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
3. Person, Singular, Indikativ. Sie ist unantastbar! Sie ist!
Das ist eine Aussage. eine Tatsache. Ein Fakt. So ist es.
herman de vries – der Künstler, der diesen bemerkenswerten und bedeutenden Ort gestaltet hat - hat den Artikel 1, Absatz 1, die Überschrift unseres Grundgesetzes, auf diese Bank hier geschrieben. Sie können sich darauf niederlassen, den Blick schweifen lassen …
Eine kluge Idee! Ein entlarvendes Bild!
Denn wie gerne ruhen wir uns aus auf der vermeintlichen Gewissheit des geschriebenen Wortes!
Aber natürlich wissen wir, dass es nicht so ist! Natürlich ist sie antastbar, diese Würde des Menschen. Und sie wird angetastet. An jedem einzelnen Tag.
Eigentlich müsste es heißen: „Die Würde des Menschen soll unantastbar sein! Und es ist Aufgabe jedes einzelnen in dieser Gesellschaft, dafür zu sorgen, dass es so ist!“
Ein bisschen sperrig für einen Verfassungsartikel.
Nein! Natürlich ist es gut und richtig, dass dieser Artikel absolut formuliert ist. Denn es ist Gesetz! Und die Tatsache, dass gegen dieses Gesetz verstoßen wird, oft genug ohne Konsequenzen, macht die Unantastbarkeit der Menschenwürde nicht zur Utopie!
Sie mag uns als Utopie erscheinen, angesichts all der Schrecken, die uns umgeben. Genauso wie so etwas wie der Weltfrieden.
„Tja, einen Zustand, in dem es keine Verletzung der Menschenrechte mehr gibt, das gibt es doch sowieso nicht“, mögen wir sagen.
Aber wenn wir so denken, machen wir einen Fehler. Denn wenn wir beschlossen haben, dass etwas nicht sein kann, hören wir auf, danach zu streben!
Die Erfüllung von Artikel 1, Absatz 1 unseres Grundgesetzes aber ist keine Utopie und kein unerreichbares Ideal. Sie muss das ständige Ziel sein, die höchste Aufgabe aller Politik und allen gesellschaftlichen Handelns.
Und genau darin liegt vielleicht schon das Problem. Oder denken Sie gerade: Oh, aller Politik und allen gesellschaftlichen Handelns! Das bin ja ich!
Wahrscheinlich nicht.
Vielleicht sollten wir davon abkommen, stets so unpersönlich von Verletzungen der Menschenwürde zu sprechen.
„Amnesty International beklagt zahlreiche Menschenrechtsverletzungen …“
„In xy wurden wieder zahlreichen Menschenrechtsverletzungen dokumentiert …“
„In xy wurden wieder zahlreiche Menschen Opfer von Menschenrechtsverletzungen …“
Das klingt immer so, als würde es einfach passieren.
Nein! Es sind immer Menschen, die die Menschenwürde mit Füßen treten!
Und selbst wenn es „Bedingungen“ sind, durch die Menschen in ihrer Würde verletzt werden, sind diese Bedingungen menschengemacht.
Wir sind die Gesellschaft der Gegenwart. Wir sind die Gesellschaft, die gerade dafür verantwortlich ist, wie sehr „die Unantastbarkeit der Menschenwürde“ eine Tatsache ist. Es liegt bei uns, ob wir uns darauf beschränken, Missstände zu erkennen und davon überzeugt zu sein, dass unbedingt etwas passieren muss. Es liegt bei uns, ob wir in dieser Gewissheit den Blick über die schöne Aussicht schweifen lassen, oder ob wir unser eigenes alltägliches Handeln an diesem Bewusstsein ausrichten und ob wir vielleicht bereit sind noch etwas mehr oder auch viel mehr zu tun und uns aktiv engagieren, so wie es viele von Ihnen dankenswerter Weise mit großem Einsatz und hohem Zeitaufwand bereits tun.
Und deswegen ist dieses Gedenken und Erinnern so wichtig!
Natürlich, weil wir es den Kindern, Frauen und Männern schulden, die in Schweinfurt während des 2. Weltkriegs Zwangsarbeit verrichten mussten oder als Kinder von Zwangsarbeiterinnen hier geboren sind. Sie gehören zum Leben in dieser Stadt und es ist wichtig, dass man ihnen in dieser Stadt immer wieder und bis in alle Zukunft begegnet.
Aber wichtig ist es auch, weil wir nur so die Werte verinnerlichen können, die uns erkennen lassen, was die Würde des Menschen eigentlich ist. Und wie wir in unserem alltäglichen Leben handeln müssen, um unseren Beitrag zu leisten, dass der Satz „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ nicht nur die Überschrift unserer Verfassung, sondern auch der Geist unserer Gesellschaft ist. Die Würde des Menschen zu achten und zu schützen ist Aufgabe aller staatlichen Gewalt! Ja, auch das steht im Grundgesetz. Aber vor allem ist es unser aller Aufgabe. Weil wir Menschen sind.
OStR Heike Hartmann Olympia-Morata-Gymnasium Schweinfurt
Nicht nur Linden werfen Schatten
Seit 84 Jahren heißt die Spielstätte des FC Schweinfurt 05 „Willy-Sachs-Stadion“. Das soll sich nun ändern. Zum Glück. Denn mit dem Namen ist eine dunkle Vergangenheit verbunden.
Von Veit-Luca Roth
Wer einmal Fußball in Schweinfurt erlebt hat, wird wissen, dass sich ein Besuch am Ander-Kupfer-Platz 2 in Schweinfurt durchaus lohnt. Die überdachte Haupttribüne bietet 860 Zuschauern Platz und die Stehplätze rund um das Spielfeld sind malerisch von Lindenbäumen umgeben, die an heißen Sommertagen den Zuschauern Schatten spenden. Wenn der 1.FC Schweinfurt 05 an diesem Dienstag in der ersten Pokalrunde auf den FC Schalke 04 trifft, kommen die Fußball-Fans vor den heimischen Fernsehgeräten nicht in den Genuss dieses Anblicks. Corona-bedingt findet das Spiel am Dienstagnachmittag nicht im Stadion des großen Underdogs statt, sondern wurde in die Veltins-Arena auf Schalke verlegt. Einen Makel hat die Spielstätte des Zweitliga-Gründungsmitglieds dennoch: seinen Namen.
Das Willy-Sachs-Stadion ist nach dessen Stifter Willy Sachs benannt. Der gehörte der in Schweinfurt berühmten und beliebten Familie Sachs an. Ernst Sachs gründete das Unternehmen Fichtel & Sachs und machte Schweinfurt durch seine Erfindungen weltweit als „Kugellagerstadt“ bekannt. Auch das Stadtbild ist bis heute von Ernst Sachs geprägt. Er stiftete der Stadt das damalige Ernst-Sachs-Bad, das 2009 zur Kunsthalle umgebaut worden ist. Das Willy-Sachs-Stadion geht auf seinen Sohn Willy zurück und wurde von diesem ebenfalls der Stadt geschenkt. Was auf den ersten Blick, wie eine folkloristische Anekdote anmutet, hat jedoch eine dunkle Vergangenheit.
Mit Parteinähe zum Erfolg
Denn Willy Sachs war während der Machtergreifung und in den Jahren danach bekennender Anhänger der NSDAP. Andreas Dornheim, Professor an der Universität Bamberg deckte in seinem Buch „SACHS – Mobilität und Motorisierung: Eine Unternehmensgeschichte“ die enge Bekanntschaft von Willy Sachs zu Naziführern auf. Willy war Mitglied in der Sturmabteilung (SA) und ging 1933 in die Schutzstaffel (SS) über. 1936 erhielt Willy Sachs die Ehrenbürgerschaft der Stadt Schweinfurt. Verliehen wurde sie ihm durch Oberbürgermeister Ludwig Pösl, der von der NSDAP wahllos ernannt worden war. Grund dafür war die Schenkung des neugebauten Stadions an die Stadt Schweinfurt, in deren Besitz es bis heute ist.
Zur Einweihung des Stadions kamen zahlreiche hochrangige NSDAP-Politiker, unter anderem Reichsarbeitsführer Konstantin Hierl, Bayerns Reichsstatthalter Franz Ritter von Epp, Gauleiter Otto Hellmuth, SS-Führer Heinrich Himmler und Reichsmarschall Hermann Göring. Auch Adolf Hitler schickte ein Glückwunsch-Telegramm. Die Nähe zur Naziführung brachte dem Unternehmenserben massive Vorteile für sein Wälzlager-Unternehmen, da die gesteigerte Kriegsproduktion ihm massive Gewinne bescherten. Zudem wurden in seinen Werken versklavte Zwangsarbeiter brutal ausgebeutet. Seit der Buchveröffentlichung im Jahr 2015 ist Bewegung in das Vorhaben, das Stadion umzubenennen gekommen.
Schweinfurter Initiative gegen das Vergessen fordert eine Diskussion