Redebeitrag von Jean-François Soyez

(Enkel des ehemaligen belgischen Kriegsgefangenen Luicen Buissart)

Discours de M. Jean-François Soyez, petit-fils d’un ancien prisonnier de guerre belge
Belg80




Jean-François Soyez (rechts)
und Roland Gatoie, der übersetzte


Bonjour,
(1) Nous sommes venus de Belgique mon ami et moi afin de témoigner au nom de mon grand-père, Lucien Buissart, prisonnier de guerre de 1940 à 1945 à Schweinfurt.

Guten Tag,
Mein Freund und ich, wir sind aus Belgien gekommen, um von meinem Großvater Lucien Buissart zu berichten. Mein Großvater war während des 2. Weltkrieges von 1940 bis 1945 Kriegsgefangener in Schweinfurt.


(2) D’abord employé dans des fermes, il a fait partie avec des centaines de camarades belges et français, tous prisonniers de guerre, d’une main-d’œuvre presque gratuite pour les usines de production.

Er musste zunächst in der Landwirtschaft arbeiten und wurde später wie Hunderte andere belgische und französische Kriegsgefangene Teil eines praktisch kostenlosen Arbeiterheeres, das in der industriellen Produktion eingesetzt war.


(3) Entassés à plus d’une centaine dans une ancienne salle de restaurant du Stadtpark comme seul logement, sans loisirs et sans lendemains, il a connu la vie d’usine sous forme d’esclavage moderne.

Er wurde mit etwa hundert anderen Kriegsgefangenen in einer ehemaligen Gaststätte im Stadtpark zusammengepfercht, wo er ohne Freizeit und ohne Zukunftsaussichten hausen musste. In der Fabrik arbeitete er unter Bedingungen, die man nur als moderne Sklaverei bezeichnen kann.


(4) Il a connu le froid, la faim, la peur des bombardements, les courses effrénées pour se sauver lors des alertes, la perte des camarades. Il a connu l’exil, l’éloignement des siens et a donné cinq année de sa jeunesse pou rien.

Er musste Kälte, Hunger und den Verlust von Kameraden aushalten und bei Alarm verzweifelt um sein Leben rennen. Er musste im Exil leben, die Abwesenheit seiner Angehörigen ertragen – und so hat er 5 Jahre seiner Jugend verloren – für nichts!


(5) De retour au pays on leur a reproché d’avoir été cinq ans en vacances pendant que la guerre se déroulait. Mon grand-père et ses camarades sont donc rentrés en silence et ont essayé de reprendre une vie normale.

Bei seiner Rückkehr in die Heimat warf man ihm vor, fünf Jahre im Urlaub gewesen zu sein, während die anderen im Krieg gekämpft hätten. Deswegen sprachen mein Großvater und seine Kameraden bei ihrer Rückkehr nicht über ihre Erlebnisse, sondern versuchten, wieder ein normales Leben aufzunehmen.


(6) Pour toutes ces existences brisées ou blessées, les historiens ont essayé d’établir des classifications dans le malheur des déportées aux travailleurs obligatoires, des prisonniers de guerre aux prisonniers politiques.

Historiker haben versucht, all diese verletzten und gebrochenen Menschen in verschiedene Kategorien des Leids einzuteilen, je nachdem, ob es sich um KZ-Häftlinge, Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene oder politische Gefangene handelte.


(7) Nous n’étions pas présents et nous ne devons donc pas essayer de quantifier leurs douleurs, mais juste essayer de les comprendre et de s’en souvenir. Même chez ceux qui sont revenus en bonne santé, le trauma engendré par ces cinq années vécues sous des évènements communs laisse des blessures profondes qui n’ont jamais guéries.

Wir haben dies alles nicht selbst erlebt und dürfen deswegen auch nicht versuchen, den Umfang ihres Leids zu ermessen; wir sollten aber versuchen, sie zu verstehen und dürfen sie nicht vergessen. Selbst diejenigen, die äußerlich gesund zurückgekehrt sind, waren und sind für immer von diesen gemeinsam durchlittenen fünf Jahre traumatisiert.


(8) Nous sommes conscients que les années de guerre passées ici à Schweinfurt pour toutes ces catégories de gens doivent être, y compris celle de la population civile locale, comprises dans une seule catégorie, celle de gens qui ont souffert tous ensemble.

Wir sind uns beide der Tatsache bewusst, dass all diese Menschen – egal woher sie kamen und welchen Status sie hatten und auch die einheimische Zivilbevölkerung – nur einer Kategorie zuzuordnen sind, nämlich der Kategorie der Menschen, die gemeinsam gelitten haben.


(8bis) > à ajouter par M. Soyez / wird von Herrn Soyez auf Französisch ergänzt.

(8a) Es liegt mir besonders am Herzen, der Initiative gegen das Vergessen für ihr Engagement zu danken und vor allem Herrn Klaus Hofmann für seine Unterstützung meiner 2jährigen Forschungsarbeiten.


(9) Un ancien prisonnier de guerre belge, M. Legrève de Wavre m’a demandé de dire ces quelques mots car il ne sait pas venir aujourd’hui.

Ein ehemaliger belgischer Kriegsgefangener, M. Legrève aus Wavre, hat mich gebeten Ihnen heute eine Botschaft von ihm zu überbringen, da er selbst hier nicht anwesend sein kann.


(10) « Nous les anciens, nous mettons en garde la jeune génération contre la montée de l’extrême droite, contre les guerres les plus cruelles que sont le terrorisme et les guerres de religion, une forme plus féroce encore que les conflits militaires.

„Wir Alten, die diese Zeit erlebt haben, warnen die nachfolgenden Generationen vor dem erneuten Erstarken des Rechtsradikalismus und vor der schlimmsten Art der Kriege, nämlich dem Terrorismus und den Kriegen, die aus religiösen Gründen geführt werden.“


(11) Je vous demande aussi de méditer sur le mot « liberté » car n’oubliez jamais : Il faut l’avoir perdue pour l’apprécier. »

Ich fordere Sie auch dazu auf, über den Begriff « Freiheit » nachzudenken, denn Sie dürfen nie vergessen: Erst wenn man sie verloren hat, erkennt man ihren wahren Wert.“

Übersetzung: Dorothee Seidlmayer